Comeback des Rucksacks: Was steckt alles drin?
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Der Rucksack wurde in den letzten Jahren zu einem regelrechten Trend. Diese Entwicklung konnte selbst innerhalb von Großstädten und Modemetropolen wie Berlin, New York, London oder Sydney beobachtet werden. Zu großen Teilen ist dies auf die allgemeine Beliebtheit von Outdoor-Mode zurückzuführen. Oftmals spaltet der Rucksack die Gemüter, gerade wenn in Bus oder Bahn große, teilweise sperrige Rucksäcke den ohnehin schon knapp bemessenen Platz einnehmen. Doch der Rucksack ist weitaus mehr als bloßes modisches Objekt. Er ist praktisch, bequem und gibt nebenbei ein kulturelles, bisweilen gar politisches, Statement ab. Was steckt also alles im Rucksack?
Die Kraft des eigenen Rückens ist Menschen schon lange bekannt und der Rucksack verfügt über ein recht altes Vorgängermodell: die Rückentrage. Hierunter wird ein Konstrukt verstanden, welches dazu dient, dass Menschen Lasten auf ihrem Rücken transportieren können. Sie erscheint in unterschiedlichen Erscheinungsformen und ist aus verschiedenen Materialien (Holz oder Leichtmetall) beschaffen, wird aber stets mit Riemen oder Seilen am Oberkörper des Trägers fixiert. Neben ihrer reinen Ladefläche verfügt sie oft noch über weitere Möglichkeiten, ihr Tragevolumen zu vergrößern. Dies geschieht beispielsweise durch das Anbringen von Taschen irgendwo am Gestell.
Ein genauer Zeitpunkt, an welchem die Rückentrage erfunden wurde, kann nicht mehr ermittelt werden. Allerdings steht fest, dass sie schon in der Jungsteinzeit, also einige Jahrtausende vor Christus, bekannt war. Dies ist durch die Tatsache belegt, dass sie zum Inventar der Gletschermumie Ötzi gehörte. Bis ins zwanzigste Jahrhundert hinein war die Trage ein wichtiges Utensil im Handel und in der Landwirtschaft. Hausierer konnten so ein recht breites Warensortiment zu Fuß anbieten und die Ernte wurde erleichtert sowie beschleunigt. In gewissem Sinne war sie sogar mitverantwortlich für die Bekämpfung des Analphabetismus in Europa. Sogenannte Kolporteure, die ähnlich wie Hausierer vielfältige Waren anboten, begründeten durch den Handel mit Büchern sozusagen ein eigenes Literaturgenre (Kolportageliteratur). Die Bevölkerung wurde durch die Händler mit leicht verständlichen Lesestoffen gefüttert, wobei gleichzeitig auch auf die Verbreitung von Wissen geachtet wurde. Heutzutage hat die Rückentrage ihre wirtschaftliche Bedeutung nahezu komplett verloren. Artverwandte Gestelle werden mittlerweile gelegentlich dazu benutzt, Kinder zu tragen.
Die 1970er Jahre standen in der westlichen Welt im Zeichen des Protests. Vietnamkrieg, Ablehnung von Atomkraft und Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann oder Erziehungsmethoden waren nur einige der Themengebiete, die von meist jungen Menschen dazu genutzt wurden, alten Strukturen mit zivilem Ungehorsam zu opponieren. Im Fahrwasser der viel beschworenen 68er-Bewegung schlug sich die rebellische Haltung auch in der populären Kultur nieder. Neue Medienformen wie unabhängige Radiosender demokratisierten den Informationsfluss und der neue deutsche Film brachte gesellschaftskritische Aspekte und bislang „unsichtbare“ Minderheiten auf die Leinwand. Die grundlegenden und großflächigen Veränderungen schlugen sich auch in der Mode nieder.
Eine der offensichtlichsten Veränderungen im äußerlichen Erscheinungsbild betraf die Haarlänge. War für Männer eine Kurzhaarfrisur lange Zeit über das Nonplusultra, waren nun lange Haare deutlich häufiger zu beobachten. Es war auch kein gesellschaftlicher Gemeinplatz mehr, dass sich Männer rasieren mussten und so erlangte der Vollbart eine Renaissance. Dies verhielt sich gegenüber dem Military Look, der sich aus der Friedensbewegung entwickelt hatte, komplementär. Der Grund für das Verbinden von entgegengesetzter Optik war eine Parodie des Militärischen. Parkas, Camouflage und in großem Stile auch der Rucksack wurden jetzt als Mittel des Protests zweckentfremdet. Militärische Kleidung wurde sozusagen zivilisiert, durch individuell - oft farbige - Applikationen sogar konterkariert. Im Fokus waren hier nicht mehr Funktionalität und gemeinschaftliche Identität, sondern Travestie und Subversion.
In der Folge war es der Rucksack, der sich am nachhaltigsten in der allgemeinen Öffentlichkeit durchsetzen konnte. Dies geschah in erster Linie durch eine Rückbesinnung auf seine Funktionalität und vermutlich auch weil er – im Gegensatz zu Jacken oder Hosen beispielsweise – lediglich als sekundär wichtiges Modeaccessoire wahrgenommen wurde. Seine Optik war schlicht (noch) nicht zentral für das gesamte Erscheinungsbild und somit weniger von ästhetischen Schwankungen abhängig.
Nach einem vorläufigen Höhepunkt als Objekt der Begierde in den 1990er Jahren – hier war unter Schülern vor allem der Eastpak heiß begehrt - erfuhr der Rucksack mit der Jahrtausendwende einen Rückgang in seiner Beliebtheit. Was war geschehen? Offensichtlich hatte sich das modische Verständnis geändert und nun standen nicht mehr Funktionalität, Bequemlichkeit oder gar Protest im Vordergrund. Vielmehr waren nun Schnelllebigkeit, Flexibilität und Präsentation gefragt.
In den Anfängen des jungen Jahrtausends waren Laptoptaschen die Hauptkonkurrenten des Rucksacks. Sie suggerierten ein dynamisches Auftreten, konnten je nach Optik passend zu sehr unterschiedlichen Outfits passen und präsentierten eines der mittlerweile größten Identifikationsgüter, den Laptop. Der vernetzte Lebensstil nahm seit dem Jahr 2000 immer weiter zu und viele Menschen begannen eine engere Bindung zu bestimmten Produkten zu verspüren. So wurde das eigene Smartphone zum täglichen Begleiter, der es sogar bis ins Bett schafft. Außerdem ist es teilweise ein Prestigeobjekt, das viele Besitzer stolz präsentieren. Von daher eigneten sich plötzlich sogenannte „Bodybags“ – dreieckige Taschen, die um den Oberkörper geschnallt werden und auf Brusthöhe hängen – mit integrierten Handyhalterungen, um das liebste Stück der Öffentlichkeit zu zeigen. Ein unscheinbarer Rucksack auf dem Rücken konnte mit dieser offensiven Vorgehensweise nur schwer konkurrieren.
Trotzdem hat der Rucksack überlebt, nicht zuletzt wegen seiner Anpassung an die neuen Gegebenheiten (Rucksack mit Laptophalterung) und auch weil Outdoorkleidung zum modischen Trend in vielen Städten geworden ist. Viele Käufer legen nun Wert auf Wasserdichte, eine hohe Anzahl an Taschen und Robustheit. Doch auch abseits von Naturerfahrungen hat der Rucksack mittlerweile immer noch seine Daseinsberechtigung.
Backpacker, oder auf Deutsch „Rucksacktourismus“, ist ähnlich wie der Rucksack als modisches Accessoire stark mit der Hippiebewegung aus der englischsprachigen Welt verbunden. In den frühen 1970er Jahren war die Natur Südostasiens ein äußerst beliebtes Reiseziel vieler junger Menschen. Als Alternative zum Pauschaltourismus war es nun Traum vieler, plan- und ziellos Abenteuer auf sich zukommen zu lassen.
Mittlerweile ist der Rucksacktourismus weltweit beliebt und bedingt nicht automatisch das Verweilen in unmittelbarer Natur. Neben beliebten Zielen wie Australien, Afrika oder Südamerika sind heutzutage auch Städtetrips im Interesse vieler Backpacker. Das Image von Rucksacktouristen hat sich somit stark geändert und wird weit weniger mit dem Hippietum assoziiert als dies noch vor einigen Jahren der Fall war. Die selbstständige Erkundung der Welt wird nicht mehr als schräges Aussteigertum gedeutet, vielmehr wird die Weltreise fast als wesentliches Element in der Charakterbildung angesehen. Australien gehört mittlerweile gerade im deutschsprachigen Raum zu den beliebtesten Reisedestinationen für Backpacker. Das liegt u.a. daran, dass der 5. Kontinent ein sehr sicheres Reiseland ist, die Natur unglaublich viel zu bieten hat und man zudem noch seine Englischkenntnisse verbessern kann.
In Deutschland ist der Rucksackurlaub in Gemeinschaft mit dem Wanderurlaub zumindest ein ernstzunehmender Konkurrent für den klassischen Bade- oder Erholungsurlaub. In den Jahren 2012 bis 2015 konnten sich zumindest knapp 17 Millionen Bürger Backpacking oder Wandern zumindest vorstellen.
Dem Rucksack kommt bei dieser Form des Reisens selbstverständlich eine zentrale Rolle zu, denn nicht jeder Rucksack ist für eine lange Reise geeignet. Berater in spezialisierten Outdoor-Geschäften können dabei behilflich sein, wie der geeignete Backpacking-Rucksack gefunden werden kann. Neben dem Reisevorhaben sind außerdem Geschlecht, Reisedauer und persönliche Präferenzen entscheidende Parameter bei der Rucksack. Andere Dinge, die Rucksacktouristen gerne im Vorfeld klären, sind Flug und Unterkunft. Da diese Tourismussparte sich aber durch eine höchstmögliche Individualität kennzeichnet, ist es schwer tatsächlich zu sagen, was es zu beachten gilt.
Rucksack und Sport – bei dieser Kombination denken viele erst mal an Wandern, Klettern oder auch Radfahren. Doch im Prinzip ist er überall nützlich und kann in Sportarten wie Walking, Jogging, beim Skifahren, im Fitnessstudio oder auch beim Fußball benutzt werden.
In erster Linie ist seine Funktion als Tragehilfe zu nennen. Je nach Größe (teilweise über 100 Liter) finden sich im Rucksack Platz für ein ganzes Zelt, Kleidung und Geschirr (zum Beispiel: Rucksackreise nach Australien). Wer weniger Ausrüstung benötigt, kann auf ein kleineres Modell zurückgreifen. Für das Training im Fitnessstudio bietet er Platz für Handtuch und Getränk und beim Skifahren können Proviant und der Pistenplan darin verstaut werden. Jogger brauchen Rucksäcke hauptsächlich, wenn sie längere Distanzen laufen oder zum Beispiel von der Arbeit heim laufen. Der Rucksack verbreitet sich selbst im Fußball, was lange Zeit eine Domäne der Sporttasche war. Es gibt Modelle, die über gesonderte Schuhfächer und Ballnetze verfügen.
Wie beim Militär kann der Rucksack auch im Sport für ein einheitliches Erscheinungsbild sorgen. Beim Fußball tragen Profis ihre Tasche längst nicht mehr selbst, wenn sie aus dem Mannschaftsbus steigen. Trotzdem haben sie persönliche Dinge, zum Beispiel Laptops oder Tablets, dabei, die sie gerne in Körpernähe tragen. Von daher eignen sich einheitlich gestaltete Rucksäcke in Vereinsfarben neben der Gewährleistung von Privatsphäre zur Demonstration von mannschaftlicher Geschlossenheit.
Schlussendlich können Rucksäcke auch Leben retten. Sie bieten nicht nur Staumöglichkeiten für Proviant oder frischer Kleidung (beides bei einem Unwetter nicht zu unterschätzen), es gibt auch Rucksäcke mit Lawinenairbags. Für den Fall einer Naturkatastrophe hat der Kasseler Professor für Siedlungswasserwirtschaft, Franz-Bernd Frechen, sogar einen Rucksack entwickelt, der Wasser filtern kann. So wird sekundenschnell aus Schlamm wertvolles Trinkwasser gewonnen.
Der Wettbewerb um optische Distinktion beginnt früh. Schon in der Grundschule sind Kinder stolz auf den eigenen besonders schönen Schulranzen oder beneiden die anderen Kinder, weil diese vielleicht modischere Modelle haben. Freilich wird nicht jedes Jahr aus Kostengründen ein neuer Ranzen gekauft. Immerhin kostet ein Modell des Dauerbrenners Scout mindestens 90 Euro. Dennoch gibt es zumindest eine prägnante Zäsur in der Schulkarriere.
Mit dem Eintritt ins Teenageralter wird vielen Schülern der alte Ballast, sprich der bunte, womöglich mit Ponys oder Dinosauriern bedruckte Ranzen, peinlich und wird abgelegt. Als Nachfolger steht der Rucksack bereit. In den 1990er war das beispielsweise Eastpak. Vielen Eltern waren diese meist unförmigen Textilsäcke ein Graus, sorgten sie sich um die Gesundheit des eigenen Nachwuchses. Der Trend zum Rucksack in der Schule kam vermutlich aus Amerika. Dort ist es üblich, dass Schulmaterialien größtenteils in der Schule im eigenen Spind platziert werden und nur wenige leichte Dinge tatsächlich zwischen Wohnort und Klassenzimmer herumgetragen werden. Mittlerweile sind Schulrucksäcke aber so weit entwickelt, dass sie in vielerlei Hinsicht einem klassischen Ranzen in nichts nachstehen, weder für die Beschaffenheit der darin enthaltenen Hefte und Bücher, noch für den Rücken.
Der Arbeitsalltag in vielen Büros ist heutzutage deutlich lockerer als noch vor ein paar Jahrzehnten. Neben unverbindlicheren Umgangsformen hat sich vor allem die Optik der einzelnen Mitarbeiter eines Unternehmens drastisch geändert und ist deutlich individueller geworden. Während in manchen Branchen früher Anzug und Aktentasche als Ausdruck höchster Seriosität galten, wird es mehr und mehr zentral, sich selbst eine eigene Note zu geben und durch den Kleidungsstil Botschaften zu versenden.
Eine Botschaft, die der Rucksack in der Bürowelt sendet, lautet: „Dynamik“. Vor allem in Branchen, die kreativ arbeiten, ist er beliebt und unterstreicht den unkonventionellen Gestus. Doch auch Top-Manager, Wissenschaftler und sogar Politiker tragen Rucksack. Dynamik ist in diesen Berufen ein sehr wichtiger Wert, aber der Rucksack hat hier noch andere Gründe. Das Tragen des Gepäcks auf einer Schulter beispielsweise suggeriert eine Hands-on-Mentalität, also die Fähigkeit, Herausforderungen aktiv anzugehen und effizient zu meistern. Gerade weil in diesen Berufssparten das Durchschnittsalter üblicherweise auch höher ist als zum Beispiel in Kreativ-Berufen, wirkt der Rucksack auch als Verjüngung durch das Aufzeigen der eignen Sportaffinität. Laut einer Studie der Ökonomen Leonie Giessing (Düsseldorf) und Ralf Dewenter (Hamburg) sind Spitzensportler in ihrem regulären Beruf oder später meist sehr erfolgreich. Dies liegt zumindest teilweise daran, dass Sport gesellschaftlich sehr geschätzt wird und von ausgezeichneten Athleten eine erfolgreiche Arbeitsweise angenommen wird. Durch ein sportliches, äußeres Erscheinungsbild wird also eine Parallele zwischen der eigenen Position und der eines professionellen Sportlers geschaffen.
Abseits von bestimmten Berufsbildern hat der Rucksack aber auch oft eine generelle Aussage, sozusagen eine Botschaft des Trägers an die unmittelbare Umgebung. Umgekehrt gehört aber auch der Verzicht auf einen Rucksack zu den Botschaften, die sich einzelne Gruppen gegenseitig übermitteln, etwa, dass nicht jedem neuen Trend gefolgt wird. In erster Linie wird der Rucksack – neben der vermeintlichen Sportlichkeit – mit dem Ausdruck von Freiheit und einem gewissen Hang zur Rebellion assoziiert. Fraglich ist allerdings, wie rebellisch Rucksackträger wirken können, wenn fast jeder einen besitzt.
Der Rucksack ist ein ultimatives Symbol der Ungebundenheit. Schließlich kann sein Träger alles Überlebensnotwendige darin verstauen und sich jederzeit auf die Reise machen. Das schafft nicht nur Freiheit im Sinne von Reisefreizügigkeit, sondern auch eine gewisse Befreiung. Viele Menschen aus materialistisch orientierten Überflussgesellschaften genießen es regelrecht, sich von all dem Ballast des Alltags, den ganzen Gütern und Schein-Optionen zu befreien und nur noch das mit sich zu tragen, was ihnen wirklich wichtig ist oder was sie tatsächlich zum Überleben brauchen.
Eine Abkehr von dieser Gesellschaft bringt wiederum eine weitere Form der Freiheit ins Spiel. Wenn Rucksacktouristen ferne Länder auf eigene Faust bereisen oder sich auf „einsame“ Wanderschaft begeben (zum Beispiel: Overland Track im australischen Tasmanien), dann nehmen sie sich gleichzeitig auch die Freiheit heraus, in Stille ihr eigenes Leben zu reflektieren und bei Bedarf auch neue Kontakte zu Gleichgesinnten zu knüpfen. Die Freiheit des Rucksacktourismus ist in diesem Falle also eine soziale Freiheit, die individuelle mit gesellschaftlichen Bedürfnissen verknüpft.
Der Aspekt der bindungslosen Freiheit betrifft auch eine mögliche Deutung seiner Botschaft vor dem Hintergrund von Aussteigertum und Rebellion. Beide Gedankenlinien führen letztendlich zu einem Überkommen von gegenwärtigen restriktiven Gesellschaftszwängen, indem sie den Rucksack – also die Freiheit – in die Gesellschaft integrieren.
Hinsichtlich des Aussteigertums bedeutet der Rucksack Freiheit durch Ungebundenheit. Sein Träger vermeidet es, Wurzeln zu schlagen und wandert frei umher. Nichtsdestoweniger demonstriert das Outfit der Aussteiger – unter dieses Label fallen hier nun alle, die auf größtmöglichen Komfort beim Urlaub verzichten – eine gewisse Zugehörigkeit. Der Rucksack signalisiert allen Gleichgesinnten, ein gewisses Maß an Verbundenheit.
Durch die gesteigerte gesellschaftliche Akzeptanz des Rucksacks und der alternativen Urlaubsformen (viele von ihnen zielen auf Entschleunigung) wird somit der Gegensatz zwischen innerem Freiheits- und Individualitätsdrang und der regulierten Gesellschaft aufgehoben.
Der Rucksack im Zeichen der Rebellion zeigt Nonkonformismus auf. Auch hier wird ein bestimmtes Maß der Zugehörigkeit demonstriert. Durch Abgrenzung erreichen Rucksackträger (zum Beispiel: Politiker), dass sie von ihrer Zielgruppe als zugehörig identifiziert werden. Das legere Outfit des ehemaligen Finanzministers von Griechenland, Yanis Varoufakis, diente vielen links-orientierten Jugendlichen als Signal, einer der ihren zu sein.
Einer der beliebtesten Rucksäcke zurzeit ist der Kånken von der schwedischen Outdoor-Firma, Fjällräven. Der Rucksack ist recht simpel gehalten und auf DIN A4-Größe zugeschnitten. Angeblich wurde er vom Firmengründer im Alter von gerade einmal 14 Jahren erfunden, da dieser für seine Touren in der freien Wildbahn eine rückenschonende Tragehilfe benötigte. Mittlerweile ist er vor allem unter jungen Müttern in Norddeutschland beliebt. Wie mehrere Zeitschriften berichten, liegt das in erster Linie daran, dass er anscheinend Praktikabilität mit modischem Aussehen vereint. Außerdem spielen seine Herkunft und sein Erfindungsmythos eine große Rolle. Durch seine Tradition hat er ein Image der Nachhaltigkeit und passt somit in den gegenwärtigen Zeitgeist. Stellenweise wird der Kånken so oft verkauft, dass für Kunden eine erhebliche Wartezeit besteht.
Ein solches Maß an Beliebtheit ruft allerdings auch Kritiker auf den Plan. Abgesehen von ästhetischen Aspekten ist es die Fixierung auf eine Marke beziehungsweise auf ein spezielles Modell einer bestimmten Marke, die kritisch betrachtet wird. Wenn jeder den gleichen Rucksack trägt, ist es mit Individualität nicht mehr weit her und Uniformität nimmt Überhand.
Nichtsdestoweniger scheint der Erfolg des Rucksacks mehr als ein bloßer modischer Trend. Immerhin hält er sich mittlerweile schon seit über 40 Jahren. Auch wenn es manchem etwas merkwürdig erscheinen mag, dass viele Großstädter stets bepackt sind, als würden sie auf eine mehrwöchige Safari gehen: Die praktischen Vorzüge des Rucksacks sind einfach nicht von der Hand zu weisen.
Der Rucksack ist also weit mehr als „nur“ ein praktisches Utensil, um wichtige Dinge zu transportieren oder flexibel typische Backpacker-Destinationen wie Australien zu bereisen. Er strahlt immer noch ein gewisses Maß an Freiheit und Nonkonformismus aus. Allerdings haben sich die spezifischen Aussagen seit den Anfängen des Rucksacks im Alltag drastisch verändert. War er ursprünglich ein Mittel, den eigenen Protest gegen das Militärische aufzuzeigen, stellt er heutzutage, in Kombination mit Outdoorbekleidung, Nachhaltigkeit in den Vordergrund, steht also dem aktuellen Zeitgeist nicht immer entgegen. Sein Potenzial zur Rebellion zeigt sich, wenn Menschen in konservativen Berufen auf den Rucksack zurückgreifen. Mit dem Rucksack verhält es sich also letzten Endes wie mit vielen Textilien: Sein Träger bestimmt seine Botschaft.